In den 1950er Jahren trug Karl Appelmann, von seinen politischen Freunden Appo genannt, an vielen Stellen Verantwortung für die Menschen seiner Vaterstadt. Schon seit 1946 war er jüngster Abgeordneter des Hessischen Landtags. Beruflich leitete der Maschinenbauingenieur das Offenbacher Wasserwerk. Folgerichtig konzentrierte er sich im Landtag voll auf das Thema Wasserversorgung. Scharf kritisierte er die Verschmutzung von Bächen und Flüssen, sprach von „stinkenden Kloaken, die unser Land durchziehen“. Dabei fand er auch die ungeteilte Zustimmung der Opposition. Unter dem Beifall seiner Kollegen formulierte Appelmann seine Überzeugung: „Wasser ist ein unersetzliches, vor allem nicht vermehrbares Gut“. Er wusste sehr genau wovon er redete, denn er erfuhr die Probleme alltäglich. Viermal wurde er in den Landtag gewählt: 1946,1950, 1954 und 1958. Dann überließ er das Mandat seinem Kollegen Olaf Radke, denn er wollte sich voll und ganz seiner neuen Aufgabe als Bürgermeister stellen.
Im Januar 1956 hatte eine Mitgliederversammlung der SPD vorgeschlagen, Karl Appelmann zum Bürgermeister zu wählen. Im Stadtgespräch wurden bis dahin viele Namen gehandelt: Albert Gasch, Heiner Galm, Helmut Ruhl oder der parteilose Stadtkämmerer Karl Wicklaus.
In der SPD bestürmten Mitlieder und Funktionäre ihren Vorsitzenden Karl Appelmann, sich auf jeden Fall zur Wahl zu stellen. „Ernst und sehr nachdenklich“ sagte er der Presse, habe er sich schließlich entschlossen, den ehrenvollen Auftrag anzunehmen und für das Bürgermeisteramt zu kandidieren. Fünf Kandidaten standen in der engeren Wahl. Zum Schluss wurden drei zurückgezogen. Die 48 Stadtverordneten hatten sich zwischen zwei Bewerbern zu entscheiden. CDU, FDP und DP hatten sich in letzter Minute auf den bisherigen Bürgermeister Dr. Heinrich Fligg geeinigt. Nach vierstündiger, hitziger Redeschlacht war Appelmann mit 26 Stimmen zum Bürgermeister gewählt.
Mit Feuereifer stürzte er sich in sein neues Amt. Im Magistrat übernahm er die Zuständigkeit für das Krankenhaus und die Schulen. Für das Krankenhaus ließ Appelmann Pläne für einen Neubau entwickeln. Die Einrichtung der Kinderklinik und der Bau des ersten Schwesternwohnheims gehen auf seine Initiativen zurück. Die Ernst- Reuter-Schule wurde gebaut, die Eichendorffschule wiederaufgebaut und das Leibniz-Gymnasium erweitert.
Als Stadtrat Gasch in den Vorstand der Maingas-Werke eintrat, übernahm Karl Appelmann das Stadtwerke–Dezernat und fand damit endgültig seine Bestimmung.
Der Sicherung der Wasserversorgung galt seine ganze Sorge. Mit zunehmender Hochhausbebauung wuchs die Sorge, in trockenen Sommern könnte den Offenbachern das Wasser knapp werden. Appelmann fand Mittel und Wege über langfristige Verträge Wasser aus dem Odenwald zu beziehen. Die Gründung des Wasserzweckverbandes mit dem Kreis Offenbach und der Bau der Wassertürme auf dem Bieberer Berg sind sein Verdienst. Durch den systematischen Ausbau der Fernwärme konnte Offenbach wie kaum eine andere Stadt dazu beitragen, die Schadstoffbelastung der Luft zu reduzieren.
In seinen Reden zur Einbringung des Stadtwerke Wirtschaftsplans warnte er vor der permanenten Existenzbedrohung der Stadtwerke durch Unterkapitalisierung und steigende Verlustvorträge. Diese Sorge trieb ihn um. Die damaligen Stadtkämmerer aber mochten das nicht hören.
Erst gegen Ende seiner Amtszeit gelang ihm mit Geduld und List und sehr viel Überredung, die Umsetzung einer lang gehegten Idee: Die Umwandlung des Eigenbetriebs Stadtwerke in eine GmbH und die Gründung der EVO AG. Der spätere Verkauf der Aktienmehrheit an den MVV war sicher nicht in seinem Sinn. Heute werden immer wieder Stimmen laut, die eine erneute Kommunalisierung der Stadtwerke fordern.
1980 schied Appelmann hochgeehrt aus dem Magistrat und widmete sich ganz seiner ehrenamtlichen Funktion als AWO-Vorsitzender. Die Behindertenwerkstätten im Hainbachtal sind dank seines Einsatzes zu ihrer heutigen Größe herangereift.
Man kann also feststellen: Karl Appelmann hat an vielen Stellen und in vielen Positionen Weitblick gezeigt und Weichen für die Zukunft unserer Stadt richtig gestellt. Auch wenn er mal unbequem war, er hat den Mund aufgemacht, wenn es nötig war, den Verantwortlichen die Meinung zusagen und sie zum Umdenken zu bringen. Die heute Verantwortlichen haben allen Anlass, dem alten Fahrensmann der Offenbacher Kommunalpolitik Dank zu sagen und seine großen Verdienste zu würdigen. Magistrat und Stadtverordnete haben dem Rechnung getragen. Voller Respekt für seine Lebensleistung verlieh ihm die Stadt im Jahr 2000 die Ehrenbürgerwürde. Er starb im Alter von 100 Jahren in der Seniorenresidenz Domizil.
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