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Stadtrat Heiner Galm

Der frühere Gewerkschaftssekretär war bis ins hohe Alter ein politischer Mensch. Über seine mehrfachen Wechsel der Parteibücher wurde offen gelästert. Er selbst sagte einmal, „wenn ich mich geirrt habe, dann ändere ich rücksichtslos meine Meinung“.

 Aus einer sozialdemokratischen Familie stammend lernte er in der Arbeiterjugend   für die großen Ideen des Sozialismus einzutreten. Gegen seinen Willen zum Kriegsdienst genötigt, war er am Ende des Ersten Weltkriegs Mitglied im Arbeiter- und Soldaten-Rat.

In Offenbach wurde er zunächst Sekretär des Sattler-, Tapezierer- und Portefeuiller - Verbandes, später dessen Bevollmächtigter. 1924 wurde er für die KPD in den Hessischen Landtag und in die Offenbacher Stadtverordnetenversammlung gewählt. Bald war er in beiden Gremien berüchtigt  für scharfsinnige Analysen und bissige Kommentare.

 Die KPD verlangte von ihren Funktionären bedingungslose Disziplin. Innerparteiliche Demokratie, Diskussionen und Kritik an Führern wie Thälmann oder Stalin waren suspekt. 1928 wurde Galm nach Moskau beordert, wo das Zentralkomitee der Kommunistischen Internationale seinen Ausschluss aus der KPD bestätigte. Zurück in Offenbach gründete Galm mit seinen Anhängern die Kommunistische Opposition (KPO), die sich in den 1930er Jahren der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) anschloss.

 Im März 1933 verhafteten SS-Männer Galm auf dem Weg zur Landtagssitzung.

Aus dem Gefängnis in Offenbach schleppten sie ihn ins Konzentrationslager Osthofen. Am 1. Mai aus dem KZ entlassen, musste er erleben, wie in der Groß-Hasenbach-Straße und im Kleinen Biergrund, wo viele seiner Anhänger  wohnten, alle Fenster voller Hakenkreuzfahnen hingen. Am 2. Mai 1933 besetzten Nazis das Gewerkschaftshaus in der Austraße. Die dort tätigen Gewerkschaftsfunktionäre wurden verjagt und durch NS-Anhänger ersetzt.

 Anders als Sozialdemokraten und Kommunisten hielten Galm und seine Freunde Widerstand gegen die NS-Macht und die Verteilung von Flugblättern für sinnlos, ja für gefährlich. Sie hielten sich also absolut zurück. Galm erklärte später in einem Interview „wir haben uns mit Absicht abisoliert!“ Mit einem Zigarrenladen und dem Handel von Lederwaren versuchte Galm, seine Familie über Wasser zu halten und über die Nazizeit hinweg zu kommen.

 Nach Ende des Zweiten Weltkriegs suchte Galm ein politisches Come-back. In der neugegründeten Arbeiterpartei wollte er gewerkschaftlich, sozialdemokratisch oder kommunistische Orientierte zusammenzuführen. Die AP stand von Anfang an im scharfen Gegensatz zu SPD und KPD. Stützpunkte konnte die AP nur in Offenbach und in Dudenhofen bilden. Landes- und bundespolitisch blieb sie ohne Bedeutung. Galm musste erleben, wie seine Anhängerschaft schmolz, wie die AP-Stimmen von Wahl zu Wahl zurückgingen. Bei der ersten Landtagswahl 1946 erhielt sie noch 15,8  Prozent der Stimmen, bei der Bundestagswahl 1949 entfielen auf ihren Kandidaten Galm nur noch 10,5 Prozent. Zur nächsten Landtagswahl trat Galm nicht mehr an. Lokal hielt sich die AP noch bis ins Jahr 1954. Dann ging  Galm zusammen mit den letzten Getreuen in die SPD, gegen die er so lange agitiert hatte. Die SPD honorierte die Entscheidung: Heiner Galm wurde wieder ehrenamtlicher Stadtrat. Gleichzeitig arbeitete er noch für die Frankfurter Rundschau.

In Mitglieder- und Funktionärsversammlungen führte er gern heiße Diskussionen über  Grundsatzfragen. Einerseits beeindruckte er durch präzise Analysen, andererseits stieß er viele ab durch seine ätzende Polemik. Wenn es um praktische Lösungsvorschläge ging, war er bis ins hohe Alter für Überraschungen gut.

 Als Gewerkschafter, als Parteiführer, als Kommunalpolitiker war Galm stark, solange er viele Offenbacher hinter sich hatte und sich auf ihre Solidarität verlassen konnte. Vor allem Lederarbeiter waren seine Hausmacht. Später als er allein und isoliert lebte, verließ ihn die Kraft, die ihn solange beflügelt hatte.

 Heiner Galm starb am 30. Oktober 1984 in Offenbach.  

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